SELF CARE and WHY YOU NEED IT

SELBSTFÜRSORGE und WARUM SIE SIE BRAUCHEN

In unserem vorherigen Blogbeitrag haben wir die Herausforderungen von elterlichem Stress und dessen Ursprünge untersucht. Eltern zu sein ist zweifellos eine große Verantwortung, die umfangreiche Ressourcen wie Zeit, Fürsorge, Aufmerksamkeit, Belastbarkeit und Konzentration erfordert. Damit Eltern ihre Rolle effektiv ausfüllen können, ohne auszubrennen, ist es entscheidend, das Wohlbefinden ihrer inneren Ressourcen – sowohl mental als auch körperlich – zu priorisieren. Dieses Thema hat in letzter Zeit viel Aufmerksamkeit erhalten, mit Diskussionen, Artikeln und Berichten, die seine Bedeutung hervorheben.

ELTERLICHER STRESS und SELBSTFÜRSORGE Du liest SELBSTFÜRSORGE und WARUM SIE SIE BRAUCHEN 8 Minuten Weiter Moderne Beziehungen (1/2 Artikel)

Selbstfürsorge – warum ist sie so wichtig?

Obwohl es so wichtig ist, dass Eltern auf ihr inneres Wohlbefinden achten, fällt es vielen trotzdem schwer zu verstehen, warum Selbstfürsorge notwendig ist. Selbst wenn das Konzept nachvollziehbar ist, ist es oft eine Herausforderung, es in den hektischen Alltag einzubauen. Viele glauben, dass andere Aufgaben und Verpflichtungen Vorrang haben und sehen Selbstfürsorge als etwas Besonderes oder gar Unerreichbares an. Ein überlastetes Nervensystem und zu wenig Erholung wirken sich jedoch nicht nur auf den Alltag aus, sondern beeinflussen auch die Beziehung zu den Kindern und die Fähigkeit, mit Situationen außerhalb des Elternseins umzugehen.

Leider beobachte ich in meiner psychotherapeutischen Praxis immer wieder, dass ältere Generationen Selbstfürsorge als etwas Überflüssiges oder gar Beschämendes ansehen. Für viele hält sich hartnäckig die Vorstellung, dass Elternsein automatisch bedeutet, sich selbst immer hintenanzustellen. Doch unabhängig von diesem Irrglauben ist Selbstfürsorge eine wichtige Verantwortung für jeden Erwachsenen. Es kann Zeit brauchen, unsere Sichtweise zu ändern und diese Aufgabe als festen Bestandteil eines modernen Lebens zu akzeptieren. Aus eigener Erfahrung weiß ich: Übung macht den Meister – immer wieder den inneren Widerstand, Schuldgefühle oder Scham zu hinterfragen, ist notwendig, um gesunde Routinen in den Alltag zu integrieren, die das eigene Wohlbefinden stärken.

Was genau bedeutet Selbstfürsorge und wie zeigt sie sich? Echte Selbstfürsorge geht über das reine Erfüllen unserer körperliche Bedürfnisse; dazu gehört auch unser seelisches Wohlbefinden.

Unsere körperlichen Grundbedürfnisse sind essenziell für das menschliche Überleben und gelten unabhängig von kulturellen oder sozialen Unterschieden. Sie bilden ein universelles Fundament, das für alle Menschen gilt.

Im Gegensatz dazu spielen emotionale Bedürfnisse eine entscheidende Rolle für unser seelisches Wohlbefinden, unsere Beziehungen und die Lebensqualität insgesamt. Anders als körperliche Bedürfnisse sind emotionale Bedürfnisse von Mensch zu Mensch verschieden und verändern sich mit den Lebensphasen, Erfahrungen und kulturellen Einflüssen. Sie zu erkennen und zu erfüllen, ist wichtig, um gesunde Beziehungen zu sich selbst und zu anderen zu fördern.

Ausreichender Schlaf, nahrhafte Mahlzeiten, frische Luft, Zeit in der Natur, Bewegung, Momente mit lieben Menschen, schöne Hobbys, körperliche Nähe, die Möglichkeit, sich auszudrücken, und das Gefühl von Gemeinschaft – all das schenkt Kraft, Geborgenheit, Entspannung und Zufriedenheit; zusammen ergibt das Selbstfürsorge. Fehlen diese Dinge dauerhaft, fühlt man sich ausgelaugt und es wird schwer, im Alltag zu funktionieren. Anhaltende Leere schwächt die Fähigkeit, eigene Bedürfnisse wahrzunehmen und zu erfüllen. Das hängt mit dem präfrontalen Kortex im Gehirn zusammen, der bei Erschöpfung nicht mehr richtig arbeitet. Entscheidungen zu treffen und ins Handeln zu kommen, fällt dann schwer. Das ist ein anschauliches Beispiel für die körperlichen Folgen, wenn zu wenig Zeit oder Energie in Selbstfürsorge fließt. In so einem Zustand werden selbst alltägliche Entscheidungen zur Herausforderung und es ist kaum möglich, die eigenen Bedürfnisse zu erkennen. Ich erinnere mich noch gut an Momente, in denen ich mit einem ganz kleinen Kind im Arm unter massivem Schlafmangel und Hunger litt, kaum noch etwas festhalten konnte und meine Geduld schwand. Egal wie viele tolle Erziehungsratgeber man in solchen Zeiten gelesen hat – sie helfen wenig, denn das Problem ist nicht Unwissen, sondern dass man das Gelernte im Zustand chronischer Erschöpfung einfach nicht umsetzen kann.

Die Erfüllung unserer grundlegenden körperlichen Bedürfnisse bildet das Fundament für unser Wohlbefinden und unsere Fähigkeit, mit Stress umzugehen. Es ist für Eltern besonders wichtig zu erkennen, dass ihr eigenes Wohlbefinden genauso bedeutend ist wie das ihres Kindes. Frag dich doch mal: "Wie reagiere ich, wenn mein Kind müde ist?" Die Antwort auf diese Frage kann dir auch dabei helfen, gut für dich selbst zu sorgen, wenn du erschöpft bist – sei es durch eine warme Dusche, etwas Schlaf, eine liebevolle Umarmung, leckeres Essen oder indem du dir selbst mitfühlende und aufmunternde Worte schenkst…

Sowohl Erwachsene als auch Kinder haben grundlegende Bedürfnisse. Interessanterweise fällt es vielen leichter, sich um die Grundbedürfnisse eines Kindes zu kümmern, als die eigenen in den Vordergrund zu stellen. Warum ist das so? Leider haben nicht alle in ihrer Kindheit ausreichend Fürsorge erfahren, und positive Vorbilder waren nicht selbstverständlich. Die Erfahrungen und Beispiele aus der Kindheit werden oft zur Norm, die wir ins Erwachsenenleben mitnehmen – manchmal ganz unkritisch, sodass wir unnötiges Leid einfach hinnehmen. Auch wenn es sich manchmal so anfühlt, als wäre Selbstfürsorge egoistisch, und Eltern sich schuldig fühlen, wenn sie sich nach Zeit für sich selbst oder nach schönen Momenten sehnen, sollte man sich bewusst machen: Das Vernachlässigen der eigenen Bedürfnisse ist der eigentliche Egoismus. Wer sich selbst nicht gut umsorgt, sucht – bewusst oder unbewusst – diese Fürsorge bei anderen, die dafür aber nicht verantwortlich sind. Werden die eigenen Bedürfnisse über längere Zeit ignoriert, kann das zu Gereiztheit, Unzufriedenheit, Ungeduld und sogar zu ernsteren Problemen wie Panikattacken, Antriebslosigkeit, Erschöpfung oder Depression führen. In solchen Situationen geben viele Menschen ihrem Umfeld die Schuld – und ich glaube, fast jede Mutter oder jeder Vater erlebt das irgendwann, wenn sie oder er die Selbstfürsorge vor der Geburt des Kindes nicht ausreichend beachtet hat.

Die körperlichen Bedürfnisse zu verstehen, fällt oft leichter als die emotionalen Bedürfnisse zu begreifen. Deshalb ist es wichtig, sich gezielt mit der Definition und den Aspekten emotionaler Bedürfnisse auseinanderzusetzen. Es ist entscheidend zu betonen, dass Selbstfürsorge mehr bedeutet als nur Äußerlichkeiten – also mehr als ein warmes Bad, ein leckerer Tee, ein gutes Buch oder ein neues Kleid. Sie ist viel tiefgründiger, als es soziale Netzwerke oder Fernsehwerbung oft zeigen. Emotionale Selbstfürsorge heißt, die eigenen aktuellen Bedürfnisse wahrzunehmen. Wie kann man sich im Alltag besser schützen (Grenzen setzen)? Welche Strategien machen den Elternalltag angenehmer? Manchmal bedeutet Selbstfürsorge auch, den Mut zu haben, gut gemeinten, aber ungefragten Erziehungsratschlägen "Nein" zu sagen. Es kann auch so einfach sein wie das Bedürfnis nach einer kurzen Auszeit – 10 bis 30 Minuten – indem man den Partner oder eine vertraute Person bittet, kurz auf das Baby aufzupassen. Zu verstehen, dass persönliche Zeit kein Egoismus, sondern eine wichtige Notwendigkeit für alle Eltern ist, gehört zur Selbstfürsorge dazu. Es kann bedeuten, die eigenen Gefühle offen auszusprechen oder sich professionelle Unterstützung zu holen, wenn alles zu viel wird. Selbstfürsorge kann auch heißen, um Hilfe im Haushalt zu bitten, damit man sich ausruhen oder am Nachmittag mit dem Kind ein Nickerchen machen kann. Im Kern geht es bei Selbstfürsorge darum, auf den eigenen emotionalen Zustand zu achten, die eigenen Bedürfnisse zu erkennen und zu akzeptieren, dass das Vernachlässigen körperlicher Bedürfnisse es erschwert, emotionale Bedürfnisse wahrzunehmen. Mit einfachen Alltagsroutinen zu beginnen, ist oft der beste erste Schritt.

Natürlich sind Zeit und Möglichkeiten für Selbstfürsorge mit einem Neugeborenen begrenzt, besonders im ersten Jahr. Aber wenn ihr zwischendurch an eure eigenen Bedürfnisse denkt – sei es eine kurze Pause, emotionale Stärkung, ein gesundes Essen oder etwas Schlaf – tut ihr euch und eurem Kind etwas Gutes. Dieser Rat ist besonders für frischgebackene Eltern wichtig. Es ist verständlich, in allen Bereichen – Erziehung, Haushalt, Beziehungen und eigenen Interessen – alles perfekt machen zu wollen, aber es ist wichtig zu erkennen, dass man nicht alles gleichzeitig schaffen kann. Setzt Prioritäten und konzentriert euch auf das, was euch im Moment am wichtigsten ist. Alles andere kann warten!

Wenn eure Kinder schon älter sind und ihr mehr Zeit für euch habt, schenkt euch selbst die gleiche Fürsorge, die ihr sonst euren Kindern gebt. Stellt euch vor, Eltern würden zuerst auf sich selbst achten, dann aufeinander – das schafft eine harmonische Familienatmosphäre. Beginnt mit Selbstfürsorge, dann gegenseitiger Fürsorge und schließlich gemeinsamer Fürsorge für die Kinder.

Wenn ihr nach Möglichkeiten sucht, euch um euch selbst zu kümmern, müsst ihr euch nicht mit großen Aufgaben überfordern. Fangt mit den einfachsten Dingen an und denkt: "Besser so als gar nicht."

Betrachtet jede Form der Selbstfürsorge als Investition in das Wohlbefinden eurer Kinder. Das Wohlbefinden der Eltern wirkt sich direkt auf das Glück der Kinder aus. Lasst nicht zu, dass Alltagssorgen eure Gedanken komplett einnehmen; nehmt euch stattdessen regelmäßig Zeit, euren Alltag zu reflektieren. Fragt euch: Wie können wir unser Leben verbessern? Welche Ressourcen fehlen uns als Familie? Überlegt gemeinsam, wie ihr jede Situation für alle angenehmer gestalten könnt.

Liebe Eltern, lasst uns immer öfter auch an uns selbst denken und Freude sowie Erfüllung nicht nur in unserer Elternrolle, sondern auch als individuelle Menschen finden.

Autorin

Liva Spurava

Gestalttherapeutin / Gründerin des Psychologiezentrums AUGT

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